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Wenn Nähe weh tut – Wie Promiskuität, Bindungstrauma & emotionale Schutzstrategien zusammenhängen und wie Heilung möglich wird

Aktualisiert: 20. Juli

Frau häkt sich Maske vor das Gesicht

Wenn uns Nähe verletzt

Es gibt Verhaltensweisen, die schwer zu verstehen sind – selbst für uns selbst: Wir stürzen uns in sexuelle Begegnungen, obwohl wir eigentlich Verbindung, Nähe und Geborgenheit suchen. Wir übergehen unsere Grenzen, vielleicht fühlen wir sie nichtmal. Wir sind ein offenes Gefäß, in das ein jeder eintauchen kann, der mag. Wir lassen es zu, begrüßen es sogar und verbuchen es unter "sexueller Freiheit". Wir sagen Ja, obwohl tief ins uns drin etwas Nein sagt - aber selbst das fühlen wir nicht. Dieses tief verborgene, verbotene Nein zeigt sich meist als undefinierter Schmerz, Wut, Hass, Leere, Scham oder Depression. Vielleicht verteilen wir Schuldzuweisungen an das Gegenüber, weil wir unsere eigene Wunde nicht sehen und nicht einordnen können. Dann ist der andere Schuld.


Für alle, denen diese Symptome bekannt vorkommen: ein großes HALLO für dich! I feel you!


Was all das verbindet, ist oft ein tief liegendes, meist unbewusstes Bindungstrauma – und ein Nervensystem, das gelernt hat, Unsicherheit für normal zu halten.


In diesem Artikel erfährst du:

  • warum Sexualität oft als Ersatz für Nähe dient,

  • wie Schutzstrategien wie z.B. emotionale Selbstverleugnung entstehen,

  • warum sich Unsicherheit wie „Zuhause“ anfühlen kann

  • wie die Beziehung zum eigenen Körper davon geprägt ist

  • die dahinterliegende Sehnsucht

  • was echtes fühlen bedeutet

  • und wie du zurückfindest in echte Verbindung, Sicherheit und Selbstwert.



Promiskuität – Wenn Sexualität Nähe ersetzen soll

Viele Menschen erleben Promiskuität nicht als freie Wahl, sondern als Überlebensstrategie.

Sex wird zur Währung für Nähe, zur kurzfristigen Möglichkeit, gesehen oder begehrt zu werden , Beachtung zu finden, das Loch wird gefüllt, die Leere erfährt einen Rausch nach oben– zumindest für einen Moment.


„Ich fühle mich nur im Moment des begehrt-werdens lebendig.“

"Ich fühle mich sexy, gewollt und begehrenswert."

„Sex gibt mir kurz ein Gefühl von Verbindung – aber danach falle ich erneut in eine Leere.“

"Es ist wie ein Rausch, von dem ich nicht will, das eraufhört. Danach fühle ich mich wie auf Entzug."


Doch all das ist keine Lust. Sondern die Abwesenheit von

  • emotionaler Sicherheit

  • Gesehen-werden jenseits des Körpers

  • Geliebt-werden ohne dass man dafür etwas tun muss


Und hier wird es tief:

Wenn wir in der Kindheit keine sichere Bindung erleben konnten – also keine konstante, zugewandte Bezugsperson, bei der Nähe Sicherheit bedeutet hat – dann wird Unsicherheit zu unserem Normalzustand.


Unser Nervensystem verknüpft dann Nähe nicht mit Geborgenheit, sondern mit Anspannung.

Es fällt uns leichter, mit Fremden intim zu werden – weil genau das die vertraute Unsicherheit widerspiegelt, in der wir aufgewachsen sind.


Promiskuitives Verhalten ist in diesem Licht keine Frage von Moral oder Selbstbestimmung.

Es ist eine tiefe, körperlich verankerte Reinszenierung eines alten Musters:

  • Nähe ohne Sicherheit = normal

  • Unsicherheit = Verbindung


Bindungstrauma – die stille Wunde hinter den Mustern

Bindungstrauma entsteht, wenn ein Kind über längere Zeit keine verlässliche emotionale Sicherheit erlebt – etwa durch:

  • emotionale Unverfügbarkeit,

  • psychische Instabilität der Bezugspersonen,

  • inkonsistentes oder bedrohliches Verhalten,

  • oder auch subtilere Formen wie übermäßige Erwartungshaltungen.

  • Missbrauch jeglicher Form

  • Vernachlässigung

  • Suchtthematiken im Familiensystem


In solchen Erfahrungen entsteht nicht nur emotionaler Schmerz, sondern auch eine körperliche Prägung:


Der Körper lernt: Sicherheit ist nicht verlässlich. Nähe ist anstrengend. Ich muss mich anpassen, um zu überleben.


Und so entstehen früh Schutzstrategien:

  • chronisches Überfunktionieren,

  • Rückzug und Isolation

  • Kontrolle über sich selbst und andere,

  • keine Impulskontrolle und impulsives, ausuferndes Verhalten

  • übermäßige Anpassung – manchmal auch bekannt als People Pleasing,

  • oder ein sich wiederholendes Muster von emotional oder sexuell aufgeladenen Beziehungen, die nicht halten, was sie versprechen.


Diese Muster sind keine „Fehler“.

Sie sind tief intelligente Reaktionen auf eine Realität, in der das Nervensystem keine andere Wahl hatte, als sich an Unsicherheit zu gewöhnen.


Die Beziehung zum eigenen Körper – zwischen Funktion, Kontrolle und Ablehnung

Viele Frauen – vor allem die, die nie echte Sicherheit in Beziehungen erlebt haben – können keine Verbindung zum eigenen Körper aufbauen, wenn sie ein frühkindliches Bindungstrauma erlebt haben.


Der Körper wird dann:

  • zur Funktion: etwas, das dienen muss – als Objekt der Begierde, als Werkzeug zur Kontrolle, zur Anerkennung.

  • zur Projektionsfläche: Man definiert sich über Aussehen, Form, Attraktivität – statt über innere Qualitäten; diese spielen i.d.R. keine oder eine untergeordnete Rolle.

  • zur Angstquelle: Denn mit jedem sichtbaren Zeichen des Alterns schwindet die „Sicherheit“, über den Körper Verbindung oder Wert zu erzeugen.


Es ist kein Wunder, wenn sich hieraus ein durchaus narzisstisches Pleasing-Verhalten entwickelt, das ausschließlich dazu dient, zu bekommen, was man so schmerzlich vermisst.


Diese Dynamiken werden gesellschaftlich verstärkt:

  • Weibliche Körper werden sexualisiert, verglichen, kontrolliert.

  • Alter, Gewicht, Haut, Ausstrahlung – alles wird zum Maßstab.

  • „Nur wer schön bleibt, bleibt gefragt.“


Doch was darunter liegt, ist oft keine Eitelkeit – sondern eine tief traumabedingte Unverbundenheit mit dem eigenen Körper.


Frau hat viele Gesichter

Für viele beginnt es so:

  • Der Körper hat nie Sicherheit vermittelt.

  • Vielleicht wurde er übergangen, bewertet, benutzt oder ignoriert.

  • Vielleicht wurde er nie liebevoll gespiegelt – oder war sogar Ort von Gewalt.


Die Folgen:

  • Die Beziehung zum Körper ist hochfunktional

  • Es entsteht eine tiefe Ablehnung – bis hin zu Körperekel.

  • Selbstwahrnehmung wird ersetzt durch Außenwahrnehmung.

  • Das einzige was zählt, ist die Wirkung nach Außen und die Resonanz, die das Außen spiegelt

  • Daraus richtet sich das ganze Sein und damit das ganze Leben aus

  • Die Wunde wird dadurch noch mehr verletzt, woraus sich ein unendlich großer nicht zu definierender Schmerz ergibt, der oft mit Empathie oder Hochsensibilität verwechselt wird


"Wenn ich attraktiv bleibe, habe ich Chancen.

Wenn ich altere, verliere ich mein Kapital.

Wenn ich den Körper verliere, verliere ich mich."


Diese Gedanken sind nicht oberflächlich. Sie sind Überlebensversuche in einer Welt – und in einem Nervensystem – in dem der Körper nie sicherer Ort war.


Heilung beginnt, wenn wir anfangen, uns darüber klar zu werden, was da eigentlich passiert, was wir da machen und dass wir uns konstant selbst verletzen ohne es merken, weil dieses Muster so tief in uns verankert ist.


Mein Körper ist nicht mein Feind.

Mein Körper ist nicht mein ausschließlicher Wert.

Mein Körper ist fühlend und empfindsam.

Ich bin mein Körper und wir beide möchten in Verbindung treten.



Die Sehnsucht hinter dem Verhalten – Nähe, die nicht wehtut

Hinter Promiskuität, Anpassung, emotionaler Selbstverleugnung oder Selbstoptimierung steckt oft keine „Unreife“ oder fehlende Disziplin – sondern eine zutiefst menschliche Sehnsucht:


Die Sehnsucht nach echter Nähe. Nach Verbindung, die nicht weh tut.


Doch wenn unser Nervensystem gelernt hat, dass Nähe mit Schmerz, Überforderung oder Kontrolle verbunden ist, beginnt es, auf Alternativen auszuweichen. Es sucht nach:

  • Beziehung ohne Tiefe, weil Nähe zu bedrohlich ist.

  • Intimität ohne Verwundbarkeit, weil Intimität zu gefährlich erscheint.

  • Kontakt ohne Halt, weil Halt nie erfahren wurde.


Das führt zu einem inneren Paradox:

Wir sehnen uns nach Nähe – und fürchten sie gleichzeitig.


Deshalb verwechseln wir oft:

  • Intensität mit Intimität: Starke emotionale oder sexuelle Erregung wird als Verbindung fehlinterpretiert.

  • Kontrolle mit Sicherheit: Wer alles im Griff hat, glaubt, sich schützen zu können – doch Kontrolle ist nicht gleich Geborgenheit.

  • Anstrengung mit Selbstwert: „Wenn ich genug leiste, gefalle, gebe, dann verdiene ich Liebe.“


Was eigentlich fehlt, ist ein Gefühl von:

  • Sicherer Nähe, in der du du sein darfst, ohne etwas zu leisten.

  • Langsamer Verbindung, die wachsen darf, in der du dich nicht verlieren oder übermäßig anstrengen musst.

  • Sanftheit und Berührbarkeit ohne Bedrohung, in der dein System nicht in Alarm und in den Freeze geht


Viele Menschen mit Bindungstrauma und früher emotionaler Vernachlässigung glauben unbewusst und aus guten Gründen, sie müssten sich selbst opfern, um geliebt zu werden – und opfern somit den eigenen Rhythmus, das eigene Tempo und die eigene Wahrheit, um diese Wunde nicht fühlen und die damit einhergehende Leere zu füllen.


Doch genau das trennt sie immer wieder von dem, was sie eigentlich suchen:Resonanz. Gegenseitigkeit. Echtes Vertrauen und Sicherheit. Gesehen und respektiert werden.


Und genau hier beginnt Heilung:

  • Wenn du deine eigenen Sehnsüchte ernst nimmst.

  • Wenn du sie nicht mehr beschämst, sondern spürst.

  • Wenn du beginnst, neue Erfahrungen von Verbindung zuzulassen – ganz langsam, in deinem Tempo.


Nicht jede intensive Verbindung ist eine sichere.

Nicht jede sexuelle Begegnung ist Nähe.

Aber dein Körper weiß, was er braucht – wenn du lernst, ihm zuzuhören, ihn zu ehren und zu verstehen, was er sagt.


Scham, Schweigen und der Schmerz unter der Oberfläche

Promiskuitives Verhalten ist eines der am stärksten stigmatisierten Themen unserer Zeit – gerade wenn es von Frauen ausgeht. Es ist oft umhüllt von einem Mantel aus Scham und Schweigen.

Man spricht nicht offen darüber.Vielleicht wissen nur ein oder zwei Menschen im engsten Kreis wirklich, was hinter den Kulissen passiert.Oder man lacht darüber, spielt es herunter, tut es als Phase ab.Man normalisiert ein Verhalten, das nach außen wie Selbstbestimmung wirkt –doch innerlich fühlt es sich oft ganz anders an.


Man glaubt, man entscheidet frei.

Doch was oft wirkt wie Freiheit, ist in Wahrheit ein erlerntes Überlebensmuster.


Denn hinter der Fassade stecken meist Erfahrungen, für die der Körper nie eine (gesunde) Sprache finden durfte:

  • das Bedürfnis nach echter Nähe

  • die Angst, verlassen zu werden

  • das Gefühl, nur über Sexualität etwas wert zu sein

  • ein Nervensystem, das sich an Unsicherheit gewöhnt hat


Und auch wenn es oft nicht sichtbar ist – Scham ist in vielen dieser Erfahrungen stillschweigend anwesend:

  • als das Gefühl, „zu viel“ oder „nicht richtig“ zu sein,

  • als Angst, entlarvt zu werden,

  • als innere Anklage: „Was stimmt nicht mit mir?“


Diese Form der Scham ist nicht laut oder theatralisch. Sie ist subtil. Sie macht stumm. Sie trennt uns von uns selbst – und oft auch von der Möglichkeit, wirklich Hilfe anzunehmen.


Doch sie verhindert nicht nur den Ausdruck – sondern auch das Fühlen. Denn unter dieser Scham liegen oft tiefere Schichten verborgen:

  • Trauer, weil wir nie echte Nähe erfahren durften

  • Wut, weil man sich immer wieder übergeht, keine Grenzen hat, sich selbst verletzen und missbrauchen lässt

  • Angst, vor der Sicherheit, davor sich einzulassen und verlassen zu werden

  • und ein oft schwer zu benennender, tiefer undefinierbarer Schmerz, der alles durchzieht


Viele Menschen halten genau diesen Schmerz für ein Zeichen von Hochsensibilität:

„Ich bin eben sehr feinfühlig.“„

Ich nehme einfach alles sehr stark wahr.“

Doch was hier oft gefühlt wird, ist nicht das Leben – sondern die nicht integrierte Wunde.


Wahre Hochsensibilität ist differenziert, durchlässig, lebendig.

Traumatisches Schmerzempfinden hingegen ist diffus, überfordernd und vereinnahmend.


Erst wenn wir beginnen, diesen alten, ungreifbaren Schmerz nicht mehr zu deckeln, sondern ihm Raum geben, geschieht etwas Neues:

  • Wir beginnen echte Gefühle zu spüren: Wut, Trauer, Angst, Freude, Scham – in ihrer klaren, gesunden Form.

  • Wir kommen raus aus dem endlosen inneren Rauschen – und rein in Bewusstheit und Körperpräsenz.

  • Wir spüren: Ich bin nicht falsch – ich war verletzt. Und jetzt darf ich anders leben.


Mit dieser neuen Verbindung zu unseren echten Empfindungen entsteht auch eine neue Qualität von Empathie:Nicht mehr als Versuch, das eigene Loch zu füllen, sondern als wahrhaftiges Mitfühlen ohne Selbstverlust, ohne "um zu" Manipulation.



Heilungswege – zurück zu dir selbst

1. Muster, Verhaltensweisen und dein Nervensystem verstehen

Was du tust, war einmal notwendig.

Dies zu verstehen ist der erste Schritt in Richtung echter Selbstbegegnung.

2. Grenzen erarbeiten und integrieren

Grenzen sind keine Mauern, sondern liebevolle Tore und Abstandhalter.

Sie schützen dich und deinen Raum.

Ein echtes Nein schützt dein Nervensystem – und macht Platz für ein echtes Ja.

3. Selbstwert im Inneren stärken

Nicht durch mehr Tun. Sondern durch ehrliches Spüren.

Selbstwert entsteht, wenn du wieder fühlst, dass dein Sein reicht – auch wenn du nicht perfekt bist (wer ist das schon?!)

Ein Herz hat mehr wer als ein perfekt aussehender Körper.

4. Mit dem Körper arbeiten und ihn fühlen lernen

Dein Körper hat dich beschützt – auch mit all den „seltsamen“ Mustern.

Mit Körperarbeit, traumasensibler Begleitung und Nervensystemregulation darfst du heute lernen, dass Sicherheit möglich ist.Und dass sie in dir beginnt.


Fazit: Du bist nicht falsch – du bist verletzt und verletzlich. Und darin liegt eine große Kraft verborgen.

Promiskuitives Verhalten, emotionale Abhängigkeit und das Verbiegen der eigenen Grenzen sind kein Zeichen von Schwäche – sie sind Hinweise auf ein Nervensystem, das nie echte Sicherheit erfahren hat.

Doch nun darfst du:

  • deine eigene Wahrheit fühlen,

  • Nähe auf neue Weise erfahren,

  • dir selbst wieder vertrauen – mit dem Körper als Kompass.

  • liebevolle Grenzen setzen und in deinem (Eigen-)Sinn handeln

  • deine eigene, wahre Identität herausarbeiten und leben



Möchtest du lernen, echte Sicherheit in dir zu spüren und aus alten Mustern auszusteigen?

In meiner traumasensiblen Begleitung erfährst du, wie du deinem Körper wieder vertrauen, gesunde Grenzen setzen und deine Geschichte neu schreiben kannst.


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