Was tun bei Langeweile?
- Sandra Reudenbach
- 20. Juli
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Juli
Warum es wichtig ist, Langeweile zu fühlen – und nicht sofort zu „reparieren“

Wenn du denkst: "Mir ist so langweilig und niemand hat Zeit…"
Langeweile kommt selten allein. Sie erscheint oft Hand in Hand mit einem Gefühl von Isolation:„Ich weiß nichts mit mir anzufangen.“
„Ich würde so gern was unternehmen – aber niemand hat Zeit.“
„Ich weiß nicht, womit ich mich beschäftigen soll.“
Du fühlst dich leer, uninspiriert, ein bisschen verloren. Du sehnst dich nach Verbindung, nach etwas, das dich rauszieht – ins Leben, ins Spüren, in die Freude.
Und gerade dann ist niemand da. Niemand, mit dem du dich treffen, etwas Witziges, Leichtes oder Abenteuerliches erleben könntest.
Das ist kein Zufall – und kein persönliches Versagen. Es ist ein Zustand, der viel über dein Inneres erzählt.

Keine Lust zu lesen? - dann hör doch gerne in meine Podcastfolge #1 zum Thema "Die unterschätzte Kraft der Langeweile" rein!
Warum ist mir so langweilig?
Langeweile ist mehr als „nichts zu tun haben“. Oft tritt sie genau dann auf, wenn:
du emotional oder körperlich erschöpft bist
du viel mit Menschen warst – und plötzlich allein
dein Nervensystem zwischen Spannung und Kollaps schwankt
dir Resonanz fehlt: ein Gegenüber, das dich sieht, spiegelt, mitfühlt, ablenkt, beschäftigt
du innerlich unruhig bist, aber keine Richtung findest
Und manchmal kommt all das gleichzeitig:
Dir ist langweilig, du wünschst dir Kontakt – aber es ist gerade niemand da.
Dann entsteht eine doppelte Leere: außen wie innen.
Was passiert in deinem Nervensystem bei Langeweile?
Aus körpertherapeutischer Sicht ist Langeweile oft ein Nervensystemzustand – nicht bloß ein mentales Phänomen.
Sympathikoton: Du bist innerlich unruhig, suchst nach Reizen, kannst schlecht runterfahren, fühlst dich getrieben – aber nichts „zieht“. Du bist rastlos, kannst dich schlecht auf eine Sache konzentrieren und schweifst immer wieder ab. Du würdest dich gerne in einer Tätigkeit oder Beschäftigung verlieren, aber es will nicht klappen. Du sehnst dich nach Kontakt, der nicht da ist.
Dorsal-vagal: Du bist eher leer, abgeschnitten, antriebslos, leicht traurig oder taub. Auch hier: nichts fühlt sich stimmig an. Du kannst dich nicht aufraffen etwas für dich zu tun, deine Resssourcen zu aktivieren, die dir gut tun, denn sie inspirieren dich auch nicht. Du bist getrennt.
In beiden Fällen ist das Suchen nach Ablenkung – im Außen, in Kontakten, im Tun – ein Versuch, dich selbst wieder zu spüren.
Doch was du eigentlich brauchst, ist meist kein „mehr“, sondern ein ehrliches, weiches Da-Sein mit dem, was gerade in dir ist.
Leichter gesagt, als getan - ich weiß.
Warum wir im Außen suchen, wenn wir im Inneren nicht gut sein können
Wenn du spürst: „Ich weiß nicht, womit ich mich beschäftigen soll“ oder „Ich halte es mit mir selbst nicht aus“, dann ist das ein Hinweis:
Du suchst Regulation – Verbindung, Sicherheit, Inspiration.
Diese Suche ist nicht falsch. Sie ist menschlich.
Aber wenn sie nur ins Außen gerichtet ist – auf Social Media, auf Menschen, auf Aktivitäten – bleibt das innere Bedürfnis oft unerfüllt.
Denn: Wenn wir im Inneren nicht gut sein können, wird das Außen niemals reichen.
In diesem Zustand ist "nichts genug"!
Welches Bedürfnis steckt wirklich hinter Langeweile?
Hinter Sätzen wie:
„Mir ist so langweilig“
„Ich weiß nichts mit mir anzufangen“
„Niemand hat Zeit für mich“
… steckt oft eine tiefe Sehnsucht nach:
Verbindung – zu anderen, aber auch zu dir selbst
Gesehenwerden und Resonanz
Sinnhaftigkeit – das Gefühl, lebendig zu sein
Leichtigkeit und Kreativität
Regulation und Sicherheit
Das darf erkannt und gefühlt werden – nicht übergangen oder mit Beschäftigung "zugeschüttet".
Was macht Langeweile mit der Psyche?
Wenn wir Langeweile nicht verstehen, wirkt sie wie ein Defekt. Doch in Wahrheit ist sie ein Ausdruck innerer Dissonanz:
Unser System sucht nach Aktivierung – aber nichts scheint zu „greifen“
Wir fühlen uns leer – aber vermeiden es, diese Leere zu spüren
Wir sehnen uns nach Nähe – und erleben Rückzug oder Alleinsein als Ablehnung
Langeweile kann dadurch zu einem Zustand werden, der uns mit tieferen Schmerzpunkten konfrontiert:
mit Einsamkeit, Nicht-Gesehenwerden, der Angst vor innerer Leere.
Warum es wichtig ist, Langeweile zuzulassen (auch wenn niemand da ist) und warum Langeweile heilsam sein kann
Wenn wir Langeweile sofort „wegmachen“, versäumen wir, sie zu verstehen.
Dabei ist sie oft ein Signal unseres Nervensystems:
Stopp. Es braucht etwas. Es fehlt etwas. Es will etwas gefühlt werden.
Und manchmal:
Es darf gerade einfach nichts sein.
Keine Aufgabe. Kein Mensch. Kein „Sinn“. Nur du mit dir – so wie du jetzt bist.
Das ist nicht immer leicht. Aber es ist heilsam.
Denn genau da – im Dazwischen, im scheinbar sinnlosen Moment – entsteht oft der Impuls, der wirklich von innen kommt.
Wenn niemand da ist – und wir uns selbst Halt geben dürfen
Oft wird Langeweile von einem weiteren, stillen Gefühl begleitet:Orientierungslosigkeit.
Da ist diese innere Bewegung – der Wunsch nach Begegnung, nach Austausch, nach Reibung.
Wir sehnen uns nach einem Gegenüber, das uns spiegelt, das uns berührt, das uns Resonanz schenkt.Das uns beschäftigt und ablenkt.
Und dann: Niemand ist da. Niemand hat Zeit. Niemand meldet sich. Keine Reaktion. Kein Kontakt.
Es fühlt sich an, als würden wir mit ausgestreckten Armen durch einen dunklen Raum laufen, auf der Suche nach etwas, das wir berühren können.
Etwas, das uns sagt: „Hier bist du. Hier ist Leben. Hier ist ein Gegenüber.“
Ähnlich wirkt Langeweile.
Kein Impuls, kein Ziel, kein Widerstand, keine Antwort.
Wir sind zurückgeworfen auf uns selbst – und das kann schmerzhaft sein.
Aber vielleicht ist genau das kein Fehler. Vielleicht ist es kein Zufall, dass gerade in diesen Momenten niemand erreichbar ist. Vielleicht ist es die Einladung des Lebens:
Lerne, dir selbst ein Gegenüber zu werden. Lerne, mit deiner Bedürftigkeit zu sein – ohne dich dafür zu verurteilen.

Orientierung in dir finden – mit dem, was da ist
Wenn wir kein äußeres Gegenüber haben, brauchen wir etwas, das uns Halt gibt – etwas, das uns spiegelt, auch wenn es nicht zurückspricht.
Das können kleine, stille Anker sein:
Dein Kontakt zum Boden. Spür deine Füße. Spür das Gewicht deines Körpers.
Gegenstände um dich. Lasse kaltes Wasser über deine Hand laufen. Orientiere dich im Raum, indem du dich umschaust und jedes Detail des Raums betrachtest, in dem du dich grade befindest.
Deine Sinne. Was riechst du? Was hörst du? Was siehst du? Was fühlst du unter deinen Händen?
Deine Stimme. Sprich leise mit dir. Summe eine Melodie. Singe deine Lieblingslieder.
Das sind keine „Tricks“, um dich mit dir zu verbinden. Keine Allheilmittel, aber liebevolle Unterstützer.
Es sind Verbindungsfäden, die du dir selbst legst – zurück zu dir.
Damit du nicht weiter suchend durch die Dunkelheit rennst, sondern still wirst.
Und vielleicht spürst:Ich bin hier. Ich bin nicht verloren. Ich kann mich halten.
Manchmal ist niemand da – weil genau das die Heilung ist
Es ist nicht immer angenehm, aber es hat Tiefe:D
iese Momente, in denen niemand da ist, sind manchmal genau die, in denen wir lernen, in uns selbst Heimat zu finden. Uns nicht zu übergehen, wenn es eng wird. Uns nicht abzuwertenoder selbst abzulehnen, wenn wir bedürftig sind.
So beginnt Orientierung nicht im Außen, sondern in der Beziehung zu dir selbst. Aus dieser Selbstverbindung entsteht manchmal etwas ganz Neues:Vertrauen. Kreativität. Und leiser Frieden mit dem, was gerade ist.
Was tun bei Langeweile? – 5 liebevolle Impulse:
1. Erkenne den Zustand an:
Sag dir: „Mir ist langweilig. Ich fühle mich allein. Und das ist okay.“
2. Spüre deinen Körper:
Wo fühlst du die Leere? Ist da Druck? Schwere? Unruhe? Nimm’s wahr – ohne zu verurteilen.Gib dir selbst ein HALLO.
3. Erforsche deine Sehnsucht:
Möchtest du gerade wirklich tun – oder spüren? Möchtest du wirklich „etwas erleben“ – oder einfach gehalten werden? Wonach sehnst du dich?
4. Mach kleine Dinge ohne Ziel:
Male, schreibe, bewege dich, summe – nicht um dich zu beschäftigen, sondern um Kontakt aufzubauen.
5. Vertraue auf den Rhythmus:
Auch diese Phase vergeht. Aus der Langeweile wird oft Kreativität – wenn du nicht dagegen kämpfst.
Kreativität – wenn aus Langeweile plötzlich etwas Neues entsteht
Langeweile fühlt sich oft leer an. Ziellos. Zäh. Doch genau darin liegt eine stille Kraft:
Wenn du nichts mehr erwartest, darf etwas Unerwartetes auftauchen.
Nicht, weil du es geplant hast. Sondern weil dein Inneres wieder atmen kann.
Wenn du der Leere Raum gibst, entsteht manchmal wie von selbst ein Impuls:
ein Wort, ein Ton, ein inneres Bild.
Du beginnst zu kritzeln. Zu summen. Etwas umzuräumen. Einen Gedanken aufzuschreiben.
Nicht, weil du dich beschäftigen musst – sondern weil etwas in dir sich wieder bewegen möchte.
Kreativität ist oft kein Tun, sondern ein Lauschen.
Und dieses Lauschen wird erst möglich, wenn du aufhörst, die Stille zu überdecken.
Lebendigkeit finden – im kleinsten Moment
Wenn wir in der Langeweile versinken, wenn uns die Orientierung fehlt, wenn das Außen still bleibt und das Innen leer wirkt, dann scheint es manchmal, als sei auch Lebendigkeit verschwunden.
Alles fühlt sich stumpf, fad, abgeschnitten an.
Doch genau in diesen Momenten liegt eine stille Einladung:
Verbinde dich mit dem Leben – nicht dort draußen, sondern hier, in dir.
Nicht über Leistung, nicht über Beschäftigung.
Sondern über das, was immer da ist: deinen Körper, deine Sinne, dein Jetzt.

Wie du deinen Körper liebevoll unterstützen kannst, um wieder in Kontakt mit deiner Kreativität zu kommen:
Hier geht es nicht darum, etwas zu leisten oder ein kreatives Ergebnis zu produzieren.Sondern darum, dem Körper Räume zu öffnen, in denen innere Bewegtheit überhaupt wieder möglich wird.
Langsame Bewegung
Lass deinen Körper sich ohne Ziel bewegen. Kreis deine Schultern. Wiege dich. Mach kleine, intuitive Bewegungen – im Sitzen, Stehen oder Liegen. Das muss weder anstrengend noch übertrieben sein. Und wenn die Bewegung so klein ist, dass sie im Außen nicht sichtbar ist - wunderbar. Das reicht. Manchmal ist weniger mehr!
Atmen mit Bewusstsein
Lege eine Hand auf dein Herz, eine auf den Bauch. Atme bewusst tiefer ein – und noch länger aus. Das aktiviert deinen Vagusnerv und kann aus der Übererregung oder Taubheit führen.
Berührung oder Gewicht spüren
Lehne dich an eine Wand oder spüre deine Stuhllehne. Leg dir eine Decke um die Schultern. Drücke deine Füße sanft gegen den Boden. Spüre dich – ganz ohne etwas tun zu müssen. Das kannst du ganz einfach dort tun, wo du grade bist. Dazu braucht es nur dich.
Klang und Rhythmus
Summen, Tönen oder eine ruhige Musik auflegen kann helfen, dich innerlich zu regulieren. Vielleicht beginnt dein Fuß zu wippen – vielleicht auch nicht. Alles darf sein.
Die Kreativität, die daraus entsteht, ist kein Ziel – sondern ein Geschenk.Manchmal bleibt es still. Und auch das ist wertvoll.Denn selbst wenn nichts „entsteht“, wächst etwas in dir heran: Selbstkontakt. Vertrauen. Weichheit.
Kreativität braucht keine Leistung. Sie braucht Raum.
Und dieser Raum beginnt oft mit einem Moment der Langeweile, den du liebevoll zulässt.
Ganz konkret:
Lass dir Wasser über die Hand laufen. Nimm wahr, wie es sich anfühlt: warm, kalt, prickelnd, weich. Was passiert im Körper?
Spür den Boden unter deinen nackten Füßen, während du langsam gehst. Lass dich mit jedem Schritt ein Stück tiefer ins Hier und Jetzt sinken.
Halte einen Gegenstand in der Hand – ein Stein, eine Tasse, ein Stoff. Fühl die Temperatur, die Struktur, das Gewicht.
Lausche auf Geräusche um dich herum – ohne sie zu bewerten. Lass sie einfach da sein.
Atme bewusst – und beobachte, wie sich dein Brustkorb hebt und senkt.
Das sind keine Übungen, um dich zu „reparieren“.Sondern feine Wege, dich mit dem zu verbinden, was jetzt real ist.
Lebendigkeit ist nicht laut. Manchmal ist sie kaum spürbar – und doch da.
Oft können wir in solchen Zuständen schwer ins Jetzt kommen. Es fühlt sich an, als wäre unser Nervensystem zu schnell oder zu langsam, zu unruhig oder zu dumpf. Aber gerade dann hilft es, nicht mehr nach einem großen Gefühl zu suchen, sondern nach einem kleinen Kontakt.
Sekunde für Sekunde.
Atemzug für Atemzug.
Lebendigkeit zeigt sich nicht immer in Ekstase – sondern im Spüren. Im Da-Sein. Im Zulassen.
Und manchmal beginnt sie genau da, wo vorher nur Leere war.
Fazit: Langeweile ist kein Zeichen von „nicht genug“ – sondern ein Übergangsraum
Wenn dir langweilig ist, niemand da ist, du dich leer fühlst und denkst:
„Ich weiß nichts mit mir anzufangen“ –dann bist du nicht falsch.
Dann bist du in einem inneren Zwischenraum und das ist zutiefst menschlich.
Langeweile ist kein Mangel.
Sie ist eine Einladung, innezuhalten.
Sie ist ein Raum, der nicht gefüllt, sondern bewohnt werden will.
Eine Möglichkeit zurück zu kommen, ins hier & jetzt und Möglichkeiten zu finden, mit dir selbst und deinem Körper, über deine Sinne und die bewusste Wahrnehmung in Kontakt zu kommen.
Hast du Sehnsucht nach Tiefe?
Komm in die Casa Maktub in Spanien.
Wenn dich dieser Text berührt hat – wenn du dich nach einem Ort sehnst, an dem du nichts müssen musst, an dem du innehalten, still werden und dich selbst wieder spüren lernen kannst, dann lade ich dich von Herzen ein in die Casa Maktub in Spanien.
Ein Raum der Stille, des Ankommens, des Atemholens.
Hier darf Langeweile sein. Hier darf Leere atmen.
Hier darf aus deinem Nichtwissen neue Klarheit wachsen.
Erlebe, wie gut es tut, nicht mehr zu fliehen – sondern mit dir präsent zu werden im hier und jetzt.
Mit nackten Füßen auf warmem Boden.
Mit Wasser auf deiner Haut.




Kommentare